Operetten-Lexikon

Carl Adam Zeller (1842-1898)

geboren am 19. Juni 1842 in in St. Peter in der Au (Österreich)
gestorben am 17. August 1898 in Baden bei Wien (Österreich)
begraben am Zentralfriedhof in Wien (Gruppe 47B, Reihe 1, Nr. 9)

Geburtshaus mit Gedenktafel, Familiengrab, Vogelhändler-Brunnen, Carl Zeller-Museum (St. Peter in der Au)

Carl Adam Johann Nepomuk Zeller wird am 19. Juni 1842 als einziges Kind des Wund- und Geburtsarztes Johann Zeller und seiner Frau Maria Anna Elisabeth (geb. Dierl) in St. Peter in der Au im Haus Markt Nr. 40 (heute Marktplatz 13) geboren. Sein Vater stirbt ein halbes Jahr später und der kleine Carl Zeller zieht mit seiner Mutter nach Biberbach. 1846 heiratet seine Mutter den Arzt Ernest Friedinger und Carl Zeller übersiedelt mit 4 Jahren nach Strengberg. Ab Herbst 1849 besucht Carl Zeller die damals zweiklassige Volksschule in St. Peter in der Au. Dort wird er vom bereits über 70-jährigen Schulmeister Josef Brandstetter unterrichtet und wohnt auch bei diesem. Mit sieben Jahren spielt Carl Zeller bereits auf der Orgel der Pfarrkirche von St. Peter in der Au, erlernt verschiedene Orchesterinstrumente und singt bei Messen öfters das Sopransolo.

Im Alter von elf Jahren kommt Carl Zeller wegen seiner schönen Stimme zu den Hofsängerknaben nach Wien. In den nächsten vier Jahren als Sängerknabe genießt er den Klavier- und Kompositionsunterricht des hochgeachteten Musiktheoretikers Simon Sechter, der auch Lehrer von Franz Grillparzer, Anton Bruckner und Franz Schubert war. Im Alter von nur 13 Jahren schafft Carl Zeller 1855 seine ersten Kompositionen, ein "Marienlied" für gemischten Chor und ein "Ave Maria" für Tenorsolo, Streichorchester und Orgel. Am 25. Juli 1858 kommt seine dritte Komposition, das "Lied zu Ehren des Hl. Jakob" für gemischten Chor, im Löwenburg'sche Konvikt in Wien zur Uraufführung. Der 16-jährige Carl Zeller dirigiert den Chor und das Orchester bei dieser Aufführung selbst. Im August 1857 muss er den Chor der Hofsängerknaben verlassen, da sich bei ihm der bevorstehende Stimmbruch ankündigt und er wegen Krankheit als Sänger längere Zeit ausgefallen war. Ab 1860 besucht Carl Zeller das Obergymnasium des Stiftes Melk und legt dort im August 1861 die Matura mit Auszeichnung ab. Zwischen 1862 und 1869 studiert er in Wien Rechtswissenschaften und promoviert am 3. April 1869 in Graz zum Doktor der Rechte.

In seiner Studentenzeit in Wien und in den ersten Berufsjahren komponiert Carl Zeller zwei Liederspiele, zahlreiche einstimmige Lieder und Männerchöre, welche vom Wiener Akademischen Männergesangverein bei deren Veranstaltungen zur Aufführung gebracht werden.

Nach seiner Promotion ist Carl Zeller zuerst an verschiedenen Gerichten tätig ehe er 1873 im Alter von 31 Jahren vom damaligen Unterrichtsminister von Stremayr als Ministerialkonzipist in den Staatsdienst berufen wird. Bedächtig klettert Zeller mit den Jahren die Karriereleiter im Ministerium für Cultus und Unterricht hinauf. Er wird zuerst Vizesekretär, dann Sekretär, später Sektionsrat und zuletzt Ministerialrat.

Am 15. Mai 1875 heiratet Carl Zeller in der Schottenkirche in Wien die Schneidermeisterstochter Anna Maria Schwetz. Zellers erster Sohn Carl Wolfgang Zeller wird am 10. Februar 1876 in Wien geboren. Carl Zellers zweiter Sohn Robert William Zeller wird am 30. Juni 1878 in Wien geboren. Auch er studiert Rechtswissenschaften, ist aber im Gegensatz zu seinem älteren Bruder nie musikalisch tätig. Robert William Zeller stirbt bereits 1922 in Wien im 44. Lebensjahr.

Als angesehene Persönlichkeit und wegen seines eleganten Äußeren ist Carl Zeller in allen Kreisen der Wiener Gesellschaft sehr beliebt. Er gilt als schöner und intelligenter Mann mit guten Manieren.

Carl Zeller komponiert sein Leben lang nur nebenberuflich, als Hobby sozusagen. Trotzdem ist er als Komponist Zeit seines Lebens als Meister des Operettenfaches anerkannt und geschätzt.

Ein halbes Jahrzehnt nach den erfolgreichen konzertanten Uraufführungen von "Szenen vom kölnischen Narrenfeste" und "Die Thomasnacht" wird Zellers erstes Bühnenwerk, die komische Oper "Joconde" 1876 im Theater an der Wien uraufgeführt und hat einen ausgesprochenen Erfolg. Sein zweites Bühnenwerk, die komische Oper "Die Fornarina" wird 1879 im Theater am Gärtnerplatz in München uraufgeführt. Die Musik findet einstimmig vollste Anerkennung, aber das Textbuch ist ein so arger Missgriff, dass Zeller das Werk nach der zweiten Aufführung zurückzieht. Ebenso wie "Die Fornarina" verschwindet seine nächste Operette "Die Carbonari" nach nur wenigen Aufführungen im Jahre 1880 für immer von den Theaterbühnen. Seinen musikalischen Höhepunkt erreicht Carl Zeller 1886 mit seiner vierten Operette "Der Vagabund". Diese Operette hat später auch in Amerika großen Erfolg.

Wenn Carl Zeller, neben Franz von Suppé, Johann Strauss und Karl Millöcker von der Musikwissenschaft heute als vierter Operettenklassiker der sogenannten "Goldenen Ära" gesehen wird, so hat wohl seine Meisteroperette "Der Vogelhändler" den entscheidenden Anteil an dieser Wertschätzung. Diese 1891 uraufgeführte Operette ist zweifellos Zellers Meisterwerk. Es besticht in der Ausformung des Orchestersatzes und durch Zellers Ensemblekunst, die im ersten Finale mit "Schenkt man sich Rosen in Tirol" ihren Höhepunkt erreicht. Bereits drei Jahre danach kommt 1894 die Operette "Der Obersteiger" heraus. Ihr Erfolg liegt ebenfalls im Volkstümlichen, im Aufbau der beiden Finale und der geschickten Verwendung von Bühnenmusik.

Kurz danach beginnt Carl Zeller erste Skizzen zu seiner nächsten Operette "Der Kellermeister" zu entwerfen. Die Arbeit geht aber durch eine Erkrankung nur mehr langsam weiter und kommt schließlich ganz zum Stillstand. Carl Zeller kann diese Operette nicht mehr vollenden. Erst nach Zellers Tod stellt sie der Komponist Johannes Brandl fertig.

Carl Zeller verlebt seine letzten Jahre als schwerkranker Mann. Er leidet unter immer stärker werdenden Lähmungserscheinungen und Muskelschwund. Ab 1896 ist Zeller nicht mehr allein beweglich, er verbringt die letzten Jahre seines Lebens im Roll- und Lehnstuhl. Am 31. März 1897 scheidet Carl Zeller aus seiner Stellung im Ministerium aus. Er zieht sich aus allen gesellschaftlichen Kreisen zurück und wird in einen bösen Erbschaftsprozess verwickelt. Angeklagt zwei falsche Eide geschworen zu haben, wird die Verhandlung jedoch in seiner Abwesenheit geführt und so wird er, ohne sich persönlich verteidigen zu können, schuldig gesprochen. Dieses Urteil wird zwei Monate später vom Obersten Gerichtshof wieder aufgehoben und eine neuerliche Verhandlung in Anwesenheit Zellers gefordert. Zu dieser Verhandlung kommt es aber in Folge seiner schweren Krankheit nicht mehr. Zeller kann zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr sprechen und hat vorübergehende geistige Störungen.

Am Abend des 17. August 1898 stirbt Carl Zeller in Baden bei Wien im Alter von nur 56 Jahren. Er wird am Wiener Zentralfriedhof begraben.

Carl Zellers früher Tod, knappe siebeneinhalb Jahre nach seinem großen Vogelhändler-Erfolg, hat dazu beigetragen, dass kein "Starkult" um ihn entstehen konnte, wie bei vielen anderen Operettenkomponisten seiner Zeit. Daher sind heute fast alle seine Bühnenwerke vergessen und werden leider nur mehr selten bis gar nicht aufgeführt. Seine Meisteroperette "Der Vogelhändler" aber zählt auch heute noch zu den beliebtesten und meistgespieltesten Operetten.

In Carl Zellers Mostviertler Geburtsort St. Peter in der Au erinnern heute neben einer 1927 errichteten Gedenktafel am Geburtshaus (Carl Zeller-Haus), noch der Vogelhändler-Brunnen (1967 geschaffen vom St. Peterer Bildhauer Kunibert Zinner) vor der Hauptschule, das Carl Zeller-Museum im Schloss (derzeit wegen Neueinrichtung geschlossen), das Grab seines Vaters Johann Zeller am Ortsfriedhof und zahlreiche Straßennamen (Carl Zeller-Ring, Vogelhändlerplatz, Obersteigerstraße) an den wohl berühmtesten Sohn der Marktgemeinde.

Werke und Neubearbeitungen

Szenen vom kölnischen Narrenfeste (Liederspiel, Wien 1868)
Die Thomasnacht (Liederspiel, Wien 1869)
Joconde (Komische Oper in 3 Akten, Wien 1876)
Die Fornarina (Komische Oper in 3 Akten, München 1879)
Die Carbonari (Operette in 3 Akten, Wien 1880)
> Capitän Nicol (Wien 1882)
Der Vagabund (Operette in 3 Akten, Wien 1886)
Der Vogelhändler (Operette in 3 Akten, Wien 1891)
> The Tyrolean (New Yorker-Fassung, Textbuch-Bearbeitung von Helen F. Tretbar, 1891)
> Der Vogelhändler (Münchner Fassung, musikal. Bearbeitung von Arthur Bauckner, 1933)
> Der Vogelhändler (Wiener Fassung, musikal. Bearbeitung und Ergänzung von Rudolf Kattnig, 1942)
> Der Vogelhändler (Londoner Fassung, Textbuch-Bearbeitung von Rudolf Bernauer, 1947)
> The Bird Seller (Musikalische Adaption von Hans May, 1960)
Der Obersteiger (Operette in 3 Akten, Wien 1894)
> Der Obersteiger (Münchner Fassung, musikalische Bearbeitung von Arthur Bauckner, 1936)

Nachlasswerke und aus dem Nachlass zusammengestellte Werke

Der Kellermeister (Operette in 3 Akten,fertiggestellt von Johann Brandl und Rudolf Raimann, Wien 1901)
> Der Kellermeister (Möriker Fassung, Textbuch-Bearbeitung von David Geary, 1989)
Die Rosl vom Wörthersee (Bearbeitung von Rudolf Kattnigg und Carl Wolfgang Zeller, 1943/44)

Literatur

Zeller, Carl W.: Einziges dermalen bestehendes Lebensbild Zellers, in: Festsch. M.G.V. St. Peter i.d. Au, 1927.
Zeller, Carl W.: Mein Vater Carl Zeller – Zu seinem 100. Geburtstag, St. Pölten 1942.
Zeller, Carl W.: Lebensgang – Die Werke – Die Kompositionen Carl Zellers, in: Festprogramm, Baden/Wien 19.06.1942.
Zeller, Adele (Dely): Meister der Wiener Operette – Karl Zeller, in: Volks-Zeitung, Wien 30.12.1940.
Preiss, Cornelius: Karl Zeller – Der Schöpfer Volkstümlicher Wiener Operetten, Linz, 1928.
Wittwar, Karl: Erinnerungen an Karl Zeller, in: Amstettner Anzeiger, 1936.
Wittwar, Karl: Erinnerungen an Karl Zeller, den Komponisten des "Vogelhändlers", 1941.
Wittwar, Karl: Karl Zeller, ein berühmter Sohn unserer Heimat, 1942.
Scheiber, Artur Maria: Der Tondichter Karl Zeller – Einiges über seine Heimat und Abstammung, in "Unsere Heimat", 1938.
Grobauer, Franz Josef: Die Nachtigallen aus der Wiener Burgkapelle, Chronik der k.u.k. Hofsängerknaben, Horn 1954.
Musil, Josef: Grüaß enk Gott, alle miteinander - Am 17.08.1898 starb Carl Zeller, der Komponist des "Vogelhändler", Wien 1958.
Gräflinger, Franz: Schenkt man sich Rosen in Tirol – Der Wiener Operettenkomponist Karl Zeller, Wien 1963.
Schöny, Heinz: Der Operettenkomponist Carl Zeller, in "Genealogie" 31. Jg., Bd. 16, 1982.
Wandruszka, Nikolai: Die Familie Trousil und ihre Bezieh. zu Zeller und Girardi, in "Genealogie" 34. Jg., Bd. 17, 1985.
Wallner, Viktor: Karl Millöcker – Carl Zeller – Karl Komzak, Baden bei Wien 1992.
Schmutzer, Alois: Carl Johann Adam Zeller, in: Heimatkundl. Beilage zum Amtsblatt der BH Amstetten, 20. Jg., Nr. 256, 1992.
Lammerhuber, Karl: Karl Zeller und seine Verbindung zu Biberbach,
     in: Heimatkundl. Beilage zum Amtsblatt der BH Amstetten, 21. Jg., Nr. 280, 1994.
Schwingenschlögl, Regina: Carl Johann Adam Zeller – Leben und Werk, Diplomarbeit, Wien 2004.
Loidl, Mario: Carl Zeller, sein Leben – seine Werke – seine Welt, Facharbeit, HTL Steyr 2006.
Gnedt, Thomas: Carl Zeller – Der Operettenkomponist aus dem Herzen des Mostviertels, 2006.
Gnedt, Thomas: Der Vogelhändler in Sankt Peter in der Au, St. Peter/Au, 2008.
Gnedt, Thomas: Carl Zeller – Der Operettenkomponist aus dem Herzen des Mostviertels, 4 Bände, St. Peter/Au 2009-2011.
Gnedt, Thomas: Carl Zeller - Ein St. Peterer erobert die Operettebühnen der Welt, in: St. Peterer Geschichte(n), Nr. 22, 2012.
Gnedt, Thomas: Ein Mostviertler wird zum Meister der Operette - Die musikalische Karriere von Carl Adam Zeller (1842–1898),
    in: Mosaiksteine - Spurensuche in der Mostviertler Geschichte, Amstetten 2013.
Srb, Wolfgang: Und Zeller lächelte, St. Peter/Au 2017.

Internet

carlzeller.at