Operetten-Lexikon

Der Fremdenführer

Operette in 3 Akten
Musik von Carl Michael Ziehrer
Text von Leopold Krenn und Karl Lindau
Uraufführung: 11. Oktober 1902 im Theater an der Wien (Österreich)

Die Operette "Der Fremdenführer" von Carl Michael Ziehrer besingt die gute alte Zeit und die Wiener Gemütlichkeit. "O Wien, mein liebes Wien", der Hauptschlager dieser Operette wird zur heimlichen Hymnen der Stadt. Trotzdem ist der Erfolg der Uraufführung nur mässig und die Operette erreicht nur 45 Vorstellungen. Die Rolle des Korporal Ratz spielt bei der Uraufführung der Publikumsliebling Alexander Girardi. Erst in den 1970er-Jahren wird die verlorengeglaubte Originalpartitur der Operette in Wien wiedergefunden und zur Grundlage einer Neuinszenierung gemacht.

Rollen

Niki, Baron von Schlipp (Tenor)
Toni, Prinz Hohental (Sprechrolle)
Leopold, Graf Lerchenfeld (Tenor)
Emil, Baron von Stöber, Bankier (Bass)
Eugen, Graf Germain (Sprechrolle)
Sandor, Baron Veres (Sprechrolle)
Johann, Graf Lindau (Sprechrolle)
Tagala, Radschah von Indopur (Komiker)
Maria di Casserolli, Sängerin (Sopran)
Florian Reindl, ihr Vater (Bariton)
Theresia, ihre Schwester (Sopran)
Johann Schwaiger, Forstadjunkt
Franz Ratz, Korporal, Zugführer (Tenorbuffo)
Gabriele Pichler, Stubenmädchen der Casserolli (Soubrette)
Elise Navratil, Kindermädchen
Heinrich Nowak, Fleischergeselle
Ignaz Blöcher, Restaurateur
Wachmann
Oberkellner

Handlung

1. Akt:
Im Gentry-Club in Wien träumt man von der "guten alten Zeit", wo alles besser war. Der flotte Baron Nikolaus von Schlipp genannt Niki, der unter dem strengen Regiment seiner Tante lebt und deswegen von allen ausgelacht wird, geht mit dem Bankier Emil Baron von Stöber die Wette ein, zumindest 24 Stunden lang nur von seiner Hände Arbeit sein Leben bestreiten zu können.

Als Dienstmann verkleidet trifft Baron Niki seine Jugendfreundin Mitzi Reindl, die inzwischen zur berühmten Opernsängerin Maria di Casserolli geworden ist, wieder. Maria engagiert Niki als Fremdenführer für ihren Vater Florian Reindl, der bald eintreffen wird. Für den Korporal Ratz wird ein Rendezvous zu einer fürchterlichen Schlappe, als gleichzeitig mit seiner neuen Flamme auch das Stubenmädchen Gabriele, die in ihn verliebt ist, erscheint. Nach einem kurzen Streit versöhnen sich Ratz und Gabriele wieder. Der indische Radschah Tagala, ein skuriller Millionär, der seltsamerweise im Wiener Dialekt spricht, ist unsterblich in die Sängerin Maria di Casserolli verliebt und reist ihr überall hin nach. Tagala steckt dem Fremdenführer Niki unbemerkt seine Taschenuhr zu und beschuldigt ihn des Diebstahles, um den vermeintlichen Nebenbuhler aus dem Weg zu räumen. Niki wird durch die Polizei abgeführt, jedoch später wieder freigelassen.

2. Akt:
Das Stubenmädchen Gabriele erwartet in einem schönen Kleid der Casserolli deren Vater Florian. Seine Tochter Maria muss sich nämlich, da sie gegen den Willen ihres Vaters zum Theater gegangen ist, ihm gegenüber als Stubenmädchen ausgeben, während ihr Stubenmädchen Gabriele die Rolle der Sängerin übernimmt. Florian Reindl glaubt nun seine Vermutung bestätigt, dass seine Tochter beim Theater erfolglos geblieben ist und vergibt ihr den vermeintlichen Fehltritt bei den Komödianten. Den Fremdenführer Niki will er aber als Bräutigam für seine Tochter nicht akzeptieren.

3. Akt:
Maria und Gabriele spielen die Komödie ihrer vertauschten Rollen munter weiter. Vater Florian ist empört darüber, in welch sittenlosem Haus seine Tochter als Stubenmädchen arbeitet. Gabriele kommt erst gegen Morgen mit ihrem Freund den Korporal Ratz nach Hause. Dazu taucht noch der rasend eifersüchtige Tagala auf. Man hat ihm erzählt, dass nachts ein fremder Mann durch ein Fenster in das Haus seiner angebeteten Sängerin eingestiegen sei. Tagala tobt im Haus herum, meint in seinem Wahn den armen Ratz ermordet zu haben und flieht. Nun kann die ganze Komödie der vertauschten Rollen nicht mehr aufrecht erhalten werden. Florian erkennt, dass der Fremdenführer Niki eigentlich ein wohlhabender Baron ist, dem er die Hand seiner Tochter, die doch eine berühmte Sängerin ist, gerne gibt. Schlag 9 Uhr ist die Frist von Nikis Wette zu Ende und seine Freunde gratulieren dem siegreichen Kameraden, der zwar 24 Stunden kein Geld verdienen konnte, aber auch nichts ausgegeben hat und hungrig blieb.