Operetten-Lexikon

Dr. Faust jun. (Le petit Faust)

Komische Operette in 3 Akten
Musik von Florimond Ronger
Text von Hector Crémieux und Adolphe Jaime
Uraufführung: 23. April 1869 im Théâtre des Folies-Dramatiques in Paris (Frankreich)

60 Jahre nach der Veröffentlichung von Goethes "Faust" und ein Jahrzehnt nach der Uraufführung von Charles Gounods populärer Oper gleichen Titels bringt Florimond Ronger (= Hervé) seine komische Operette "Dr. Faust jun." als gnadenlose Parodie auf diese beiden "Klassiker" auf die Bühne des Pariser Théâtre des Folies-Dramatiques. Zusammen mit seinen Librettisten Hector Crémieux und Adolphe Jaime schafft er eine beißend komische "Offenbachiade" über das berühmte Motiv des verdrießlichen Gelehrten und garniert sie mit lebhafter, spritziger und turbulenter Musik voller Ohrwürmer.

Rollen

Faust, Gelehrter
Mephisto, der Teufel
Valentin, Hauptmann
Marguerite, seine Schwester
Lisette, Clorinde, Dorothée und Aglaé, Schülerinnen
Altmayr, Siebel, Brandner und Frantz, Schüler
Schuldiener / Kutscher

Studenten, Soldaten, Stadt- und Landbevölkerung

Handlung

In einer deutschen Kleinstadt.

1. Akt
Dr. Faust ist des Lehrerberufs überdrüssig. Er bereut es, in seiner Privatschule den Gemeinschaftsunterricht von Burschen und Mädchen eingeführt zu haben. Zudem weiß er nicht, wie er als Mann höheren Alters der pubertierenden Jugend die menschliche Anatomie nahebringen soll. Da erscheint plötzlich Hauptmann Valentin samt Truppe in der Klasse und will seine Schwester Marguerite in Fausts schulische Obhut geben. Kaum ist Valentin wieder abmarschiert, entpuppt sich Marguerite als missratene Göre, die mit den Reizen ihrer aufblühenden Weiblichkeit auftrumpft. Dr.  Faust wird es zu viel. Wieder allein, erscheint ihm Mephisto, mit dem er einen Pakt schließt, der ihm die ewige Jugend, Schönheit und Reichtum im Tausch gegen seinen Verstand anbietet. Dieser Pakt ist schnell geschlossen.

2. Akt
Der junge, schöne und reiche Faust ist auf der Suche nach Marguerite, denn er will sie heiraten. Mephisto präsentiert ihm alle Marguerites der Welt, doch keine erfüllt Fausts Ansprüchte nach Treue und Tugend. Da erscheint endlich die "richtige" Marguerite. Sie ist ein berühmter Cabaret-Star geworden. Die reiche Verheiratung mit dem jugendlichen, schönen Faust reizt sie sofort. Als Valentin aus dem Krieg zurückkehrt, findet er seine Schwester Marguerite in den Händen von Faust. Empört fordert er Faust zum Duell, das dieser aber unter Mithilfe von Mephisto gewinnen kann. Sterbend verflucht Valentin die Welt.

3. Akt
Im Brautgemach versichern sich Marguerite und Faust ihre Liebe. Der als Student verkleidete Mephisto versucht Fausts Eifersucht zu schüren, indem er Marguerites Unschuld in Frage stellt. Da erscheint der Geist von Valentin und prangert Fausts Pakt mit dem Teufel an. Marguerite verflucht Faust, der ja durch seinen Pakt mit Mephisto zum Mörder ihres Bruders Valentin geworden ist. Mephisto verdammt die beiden Brautleute zu ewiger Ehehölle und Valentin alleine darf in den Himmel.

Digitalisiertes Material

University of Rochester Libraries: Klavierauszug mit frz. Text (1901)